Was ist die hämorrhagische Kaninchenkrankheit?

15 September 2023

Die hämorrhagische Kaninchenkrankheit (Rabbit Hemorrhagic Disease, RHD) ist eine der häufigsten Viruserkrankungen bei Kaninchen (Oryctolagus cuniculus). Es handelt sich um eine akute, tödliche und hochansteckende Hepatitis. Die Krankheit wird durch das Rabbit Hemorrhagic Disease Virus (RHDV) verursacht, das zur Gattung Lagovirus und der Familie Caliciviridae gehört.

Der erste dokumentierte Ausbruch der hämorrhagischen Kaninchenkrankheit ereignete sich 1984 in der chinesischen Provinz Jiansu und betraf einige aus Europa importierte Angorakaninchen. In weniger als einem Jahr verursachte die Krankheit den Tod von etwa 14 Millionen Hauskaninchen in China. Seitdem hat sich das Virus rasch in den Kaninchenpopulationen von Asien, Europa, Ozeanien und Amerika verbreitet. Aktuell werden immer wieder auf allen Kontinenten, einschließlich Afrika und Ozeanien, akute Ausbrüche der Krankheit gemeldet.

Mapa RHD

Länder, in denen Meldungen von RHD-Fällen vorliegen, sind rot dargestellt.

Ätiologie

Im Jahr 2010 führte das Auftreten eines neuen mit RHDV (RHDV2) verwandten Virus teilweise zu Veränderungen in der Epidemiologie dieser Krankheit. Dieses Virus wies phylogenetische und antigenische Unterschiede zum klassischen Virus auf. Daher wurden 2 verschiedene Serotypen beschrieben:

  • RHDV, Gl.1 oder 'klassischer Stamm': erstmals 1984 in China beschrieben.
  • RHDV2, RHDVb, Gl.2 oder 'Variantenstamm': 2010 in Frankreich entdeckt.

 

Klinische Symptome

In Abhängigkeit von der jeweils beobachteten Krankheitsentwicklung wurden drei unterschiedliche klinische Verläufe beschrieben. Am häufigsten ist die hyperakute Form, die durch einen plötzlichen Tod ohne klinische Symptome gekennzeichnet ist. 

Die Mortalität variiert je nach RHD-Stamm und Alter des Kaninchens.

  • RHDV oder klassischer Stamm: hohe Mortalität (80-90%) bei erwachsenen Kaninchen.
  • RHDV2 oder Variantenstamm: variable Mortalität (50-90%), kann Kaninchen im Alter von 7–15 Tagen oder älter betreffen.

In der akuten oder subakuten Form können bei Kaninchen Fieber, Anorexie, Apathie, neurologische Symptome, manchmal Atembeschwerden, Gelbsucht, Nasenbluten usw. auftreten. 

Indoor rabbit at home

Übertragung 

Die Hauptübertragungswege sind der direkte Kontakt mit infizierten Tieren, und der indirekte Kontakt über Infektionsträger wie Schuhe, kontaminierte Lebensmittel, mechanische Vektoren usw.

Da das Virus in der Umwelt sehr resistent ist, besteht für Kaninchen ein relativ hohes Infektionsrisiko. De facto wurden mehrere Fälle bei Hauskaninchen beschrieben, die keinen Zugang nach draußen hatten und bei denen der Übertragungsweg nicht bestimmt werden konnte. 

 

Diagnose

Die Diagnose der hämorrhagischen Kaninchenkrankheit basiert auf dem Nachweis des Virus mittels PCR. Ideal sind Leberproben, da die Leber die höchsten Virustiter enthält. Mittels serologischer Untersuchung kann das Virus ebenfalls nachgewiesen werden. Die Interpretation der Ergebnisse kann jedoch kompliziert sein, da sich die Antikörper, die nach einer Impfung gebildet werden, sich nicht von jenen unterscheiden lassen, die als Folge einer Infektion präsent sind. 

 

Behandlung

Es gibt keine spezifische Behandlung, weshalb ausschließlich unterstützende Maßnahmen eingeleitet werden können. 

Da es sich um eine schwere Krankheit mit einer hohen Sterblichkeitsrate handelt, ist eine Vorbeugung durch Impfung unerlässlich. Glücklicherweise sind mittlerweile mehrere RHD-Impfstoffe verfügbar.

 

Literatur

Lavazza, A.; Capucci, L. Kapitel 3.6.2. —Rabbit haemorrhagic disease. In: Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals 2021; OIE: Paris, France, 2021; S. 1389–1406

Kerr PJ, Kitchen A, Holmes EC. Origin and phylodynamics of rabbit hemorrhagic disease virus. J Virol. 2009 Dec;83(23):12129-38. doi: 10.1128/JVI.01523-09. Epub 16. September 2009. PMID: 19759153; PMCID: PMC2786765

Capucci L., Cavadini P., Lavazza A. 2022. Viral haemorrhagic disease: RHDV type 2 ten years later. World Rabbit Sci., 30: 1-11. https://doi.org/10.4995/wrs.2022.16505