Wann besteht ein Verdacht auf hämorrhagische Kaninchenkrankheit?

23 April 2024

Die hämorrhagische Kaninchenkrankheit (Rabbit Haemorrhagic Disease, RHD) ist eine Viruserkrankung mit hoher Morbidität und Mortalität. Die meisten Stämme sind so virulent, dass infizierte Kaninchen in der Regel ohne klinische Anzeichen sterben. Daher ist es sehr schwierig, Daten über die tatsächliche Prävalenz bei Hauskaninchen und über klinische Fälle zu erhalten, bei denen ein Tier diese Erkrankung überstanden hat. Außerdem enden die wenigen klinischen Fälle, über die berichtet wird, immer tödlich. Anhand dieser Fälle kann jedoch nachgewiesen werden, wann vermutlich der Fall einer hämorrhagische Kaninchenkrankheit vorliegt.

Die Krankheit kann durch den klassischen Stamm (RHDV oder GI.1), der nur das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) befällt, oder durch die Stammvariante (RHDV2 oder GI.2) verursacht werden, die sowohl das Wildkaninchen als auch einige Feldhasen (Lepus) befällt und sogar beim Baumwollschwanzkaninchen (Sylvilagus) nachgewiesen wurde. Beide Viren gehören zur Gattung der Lagoviren und sind sehr resistent in der Umgebung, was ihre Übertragung erleichtert. 
 

Marsh Rabbit Sylvilagus Palustris

Baumwollschwanzkaninchen

Rabbit Hemhorragic Disease

Wildkaninchen

Hare Lepus

Feldhase

Hyperakute form

Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 3 Tage. Der klinische Verlauf ist in der Regel hyperakut und führt meist zum plötzlichen Tod des Kaninchens, ohne dass vorherige klinische Anzeichen darauf hindeuten. Manchmal tritt lediglich hohes Fieber (>40 °C) auf, aber in der Regel erliegen die Kaninchen der Krankheit innerhalb von 12-36 Stunden nach Ausbruch. Diese Form des klinischen Bildes erschwert die Diagnose, da häufig nicht der Versuch unternommen wird, die Todesursache festzustellen. Bei einer Nekropsie gibt es jedoch viele Hinweise auf die hämorrhagische Kaninchenkrankheit als Todesursache. 

Hierbei lassen sich die schwersten Läsionen in der Leber, dem Organ mit dem höchsten Virustiter, in der Lunge und in der Milz feststellen. Häufig werden eine primäre Lebernekrose, eine disseminierte intravasale Gerinnung (DIG) in allen Organen und Geweben sowie eine Splenomegalie festgestellt. Petechien liegen in fast allen Organen vor; sie gehen mit einer schlechten Blutgerinnung einher. Zur Bestätigung der Diagnose ist ein Virusnachweis erforderlich. Am häufigsten wird hierzu ein PCR-Test an Leberproben durchgeführt.

Akute form

Akute Infektionen können mit Anorexie, Apathie, Gelbsucht, Fieber, verklebten Augenlidern und neurologischen Symptomen wie Opisthotonus, Paralyse und Ataxie einhergehen. Gelegentlich treten Atemwegssymptome (Tracheitis, Dyspnoe und Zyanose) und schaumiger, blutiger Nasenausfluss auf. Tränenfluss, Augenblutungen und Nasenbluten können ebenfalls auftreten. Die Entwicklung dieses klinischen Bildes hängt davon ab, wie das Kaninchen auf die unterstützende Behandlung anspricht – daher ist die Prognose eher verhalten. 

Subakute form

Die subakute Form ist durch ähnliche klinische Symptome wie die akute Form gekennzeichnet, verläuft jedoch milder. Kaninchen mit einer subakuten Infektion entwickeln in der Regel Antikörper gegen das RHDV, wodurch sie gegen eine erneute Infektion geschützt sind.

Sowohl bei der akuten als auch bei der subakuten Form müssen für die Diagnose der hämorrhagischen Kaninchenkrankheit unbedingt klinische Tests durchgeführt werden. Zu Beginn der Infektion zeigt das Kaninchen meist unspezifische klinische Symptome wie Anorexie, Gewichtsverlust, Gelbsucht oder Lethargie. Bei klinischen Untersuchungen werden jedoch Anzeichen einer Leberschädigung mit stark veränderten Gerinnungswerten und einer hämorrhagischen Diathese mit disseminierter intravasaler Gerinnung (DIG) nachgewiesen. In Bezug auf die Hämatologie sind Fälle von Thrombozytopenie, Leukopenie mit Heteropenie und/oder Lymphopenie sowie Lymphozytose beschrieben worden. Bei den Nierenwerten lassen sich Veränderungen des Kreatinins und des Harnstoffs feststellen. 

Nachfolgend werden die wichtigsten klinischen Anzeichen für einen Verdacht auf eine Infektion des Kaninchens mit dem Virus der hämorrhagischen Kaninchenkrankheit genannt:

  • Fieber
  • Gelbsucht
  • Anzeichen einer Leberschädigung
  • Veränderte Blutgerinnung
  • Plötzlicher Tod ohne klinische Symptomatik

 

Diese Erkrankung sollte vor allem dann als Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden, wenn das Kaninchen nicht geimpft wurde oder wenn die Impfprotokolle nicht korrekt durchgeführt wurden. Heute stehen Impfstoffe zur Verfügung, die Kaninchen gegen klassische, veränderte und sogar hochvirulente RHDV2-Stämme schützen können.

Literatur

Bonvehi C, Ardiaca M, Montesinos A, Juan-Salles C, Gomez A, Teso B, et al. Clinicopathologic findings of naturally occurring Rabbit Hemorrhagic Disease Virus 2 infection in pet rabbits. Vet Clinic Pathol. (2019) 48:89–95. doi: 10.1111/vcp.12701

Soliman M, Rhaman M, Samy M, Mehana O, Nasef S. Molecular, clinical and pathological studies on viral rabbit hemorrhagic disease. Alex J Vet Sci. (2016) 48:20–6. doi: 10.5455/ajvs.207505

Abade Dos Santos FA, Magro C, Carvalho CL, Ruivo P, Duarte MD, Peleteiro MC. A Potential Atypical Case of Rabbit Haemorrhagic Disease in a Dwarf Rabbit. Animals (Basel). 2020 Dec 28;11(1):40. doi: 10.3390/ani11010040. PMID: 33379183; PMCID: PMC7823764.

Harcourt-Brown N, Silkstone M, Whitbread TJ, Harcourt-Brown FM. RHDV2 epidemic in UK pet rabbits. Part 1: clinical features, gross post mortem and histopathological findings. J Small Anim Pract. 2020 Jul;61(7):419-427. doi: 10.1111/jsap.13141. Epub 2020 May 8. PMID: 32383506; PMCID: PMC7496995.